Ich war mit Jeremy verabredet, kam gerade aus der Dusche und stand nun relativ verzweifelt vor meinem Kleiderschrank. Trotz meinen stolzen 150 Jahren war ich nicht in der Lage mich für eines der diversen Outifts zu entscheiden, die sich vor mir ausbreiteten um meinen immernoch jugendlichen Körper ansehnlich zu verpacken. Ich wusste nicht einmal genau warum es mir so verdammt wichtig war, was dieser Junge von mir dachte, geschweigedenn von meinem Kleidungsstil. Ich hatte die Hände in die Hüften gestützt und gestikulierte verzweifelt, vielleicht hoffte ich, dass sich alles selbst zusammenstellen würde. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich nurnoch eine halbe Stunde Zeit hatte, also nahm ich mir einen schwarzen Hoodie, eine hellblaue Jeans und ein einfaches graues Top, schlüfpte geschickt hinein und prüfte das ganze nochmal. Reiß dich zusammen, Anna., ermahnte ich mich selbst als ich darüber nachdachte doch nochmal etwas anderes anzuziehen, weil ich ja noch nicht feminin genug sein könnte. Verzweifelt über meine missliche Lage und nicht imstande mich daran zu erinnern wann ich schonmal einen solchen Terz wegen einem Kerl gemacht hatte schüttelte ich den Kopf, kämmte meine Haare ein letztes mal, schlüpfte ihn Schuhe und Jacke und verließ dann die Wohnung die meine Mutter und ich gemietet hatten.
Pearl war irgendwelche Besorgungen anschaffen, ich hatte nicht nachgefragt, aber ich war mir sicher, es würde genug Zeit bleiben um ein bisschen ungeschstört mit Jeremy im Grill zu sein und zu plaudern. Ich war überpünktlich, doch als ich eintrat, sah ich, dass auch er schon da war und nervös mit seinen Zehenspitzen tippelte. Ich setzte mich zu ihm, zog meine Jacke aus und begrüßte ihn etwas förmlich "Hallo Jeremy, alles klar?", fragte ich dann interessiert und lehnte mich über die Getränkekarte. Ich entschied mich für eine Cola, als der Kellner fragte und auch Jeremy bestellte Cola. "Ja, bei mir ist alles klar, bei dir?", stellte er dann etwas zurückhaltend die Gegenfrage und auch ich bejahte. Nachdem uns die Cola gebracht wurde, kamen wir langsam ins Gespräch und unterhielten uns über den neuen Geschichtslehrer, Mrs. Saltzmann. Irgendwann machte er dann den Vorschlag Billard zu spielen und ich nickte nur stumm. Es war etwas beklemmende Stimmung zwischen uns, er war etwas angespannt und ich irgendwie auch. Ich wusste nicht ob es ihm genauso ging, aber ich wurde nervös durch seine Anwesenheit und ich hasste es, dass wir nur ein solch oberflächiges Gespräch führten und ich hasste es, dass ich einfach nicht wusste wie es ihm dabei ging.
Als wir beim Billardtisch standen lockerten wir uns beide so langsam, er stellte sich hinter mich und zeigte mir, wie ich richtig stoßen konnte - natürlich konnte ich es, sicherlich auch besser als er - aber ich nutzte die Chance einmal richtig mädchenhaft seien zu dürfen und genoß den Körperkontakt mit ihm. Wir lachten gerade über einen anzüglichen Witz, den er gemacht hatte, da vernahm ich aus dem Augenwinkel eine auffällige Person, ich blickte mich um und sah meine Mutter, sie hatte mich natürlich sofort gesehen und strafte mich mit einem ihrer strengsten Blicke. "Jeremy, ich geh kurz zu meiner Mom, ja?", sagte ich und guckte ihn entschuldigend an. Es war mir klar, dass meine Mutter gehört hatte was ich sagte, denn sie fing an zu schmunzeln "Mom also? Sind wir jetzt schon ein cooler Jugendlicher?", ihr schmunzeln nahm einen besorgten Ausdruck an und sie zog mich sanft an meinem Arm um die Ecke. "Anna, ich denke wirklich diese Verbindung ist äußerst ungesund, er ist ein Mensch und noch dazu ein Gilbert.", angewiedert sah sie in seine Richtung. Aber in ihrem Blick schwang auch eine längst vergessene Sehnsucht mit. Ich musterte Jeremy, der sich cool gegen den Pooltisch lehnte, ob er Johnathan wohl so ähnlich sieht? Ich hatte vergessen wie der vemeindliche 'Mörder' meiner Mutter ausgesehen hatte, aber ihrem Blick nach zu urteilen konnte es nicht anders sein. Ich wollte diese Sache möglichst schnell abtun und grinste lässig "Mutter, ich möchte nur ein bisschen Anschluss finden, oder willst du, dass ich in der Schule als Außenseiter dastehe?", gespielt vorwurfsvoll legte ich meine Stirn in Falten, grinste dann aber wieder fröhlich und sie erwiederte, wenn auch zögerlich, mein Lächeln.
Pearl verabschiedete sich dann schnell, drückte mir einen Kuss auf die Wange und informierte mich darüber, dass sie erst spät wieder zurückkehren würde, sie hatte noch etwas ausserhalb zu erledigen. Grinsend kehrte ich zu Jeremy zurück, der sofort höflich aufstand und mir den Stock hinhielt ohne nachzufragen "Du bist!", sagte er und einen Moment lächelten wir uns nur an.